Das Ende gleicht dem Anfang. Mittelpunkt sind derzeit nur noch meine Matratze und mein Fernseher. So gesäubert war meine Bude nur beim Einzug. Damals passte mein ganzes Leben in ein Auto. Acht Jahre später passe ich kaum noch in die Wohnung. Sie platzt aus allen Fugen – voller Schätze und Schund. Beides bewahre ich gleichermaßen. Das ist wohl der Fehler. Ich sortiere von links nach rechts und von oben nach unten. Wegschmeißen war keine Option in meinem SingleDasein. Bis jetzt. Denn ein Umzug bewirkt so einiges an EntrümpelungsEnergie. Krass! Und wenn dann noch der zukünftige Mitwohner Mr. Strukturiert ist, muss man agieren. Säckeweise habe ich also den Krempel entzaubert und seinem Schiksal in der Mülltonne überlassen.
Nun sitz ich hier und blicke auf kahle Wände. Selbst der Tastenanschlag scheint im Raum zu hallen. Heute ist die letzte Nacht in dieser Bleibe. Wie gerne würde ich darauf nun einen Schlummertrunk nehmen. Aber die vegane Challenge läuft noch bis morgen. Tja. Selber Schuld, junges Fräulein. Vor acht Jahren wäre mir das nicht passiert. Da war ich schon froh, wenn ich montag morgens wieder ausgenüchtert war. Wochenstart geschafft! Da wären 30 Tage ohne Promillometer undenkbar. Und am besten schüttet man sich in Gesellschaft die Gehirnzellen aus dem Schädel. Diese Wände haben dementsprechend so einiges an verschärften, versoffenen und hochgradig verzwickten Frauengespräche gehört. Immer mit einem gehörigen Schuss Selbstironie und professioneller Männerlogik: Er ruft nicht zurück, weil der bestimmt einen Unfall hatte und so mit beiden Armen im Gips keine SMS tippen kann. Klar!!! Er hat bestimmt keine Freundin. Die Alte auf seinem Handy ist seine Schwester. Sichi!!! Er will nicht nur Sex. Er ist eher der emotionale. Genau!!! Ach, das war herrlich. Wir hätten alle locker einen Schein in unserem persönlichen Psychologie-Aufbau-Studium erhalten.
So schwelge ich also noch ein wenig in den alten Anekdoten und Begegnungen: meine Nächte auf der aufblasbaren Matratze mit dem morgendlichen kalten Po-berührt-Boden-Gefühl. Die lieben Tages- und Wochenschläfer in meinem Heim, die meine Ankunft hier so bereichert haben. Der schwule Bäcker, der mir immer das dickste Baguette reichte und mir dann mit einem Augenzwinkern erklärte, dass es nicht nur beim Essen auf das Volumen ankommt. Der fette Kater Fritz, der gerne nächtens Babygeschrei imitierte und das treffsicher vor meinem Fenster. Die Nachbarin, die gerne ihren Sessel beim sexuellen Nahkampf besteigt, um sich dann durchs Wohnzimmer treiben zu lassen. Tja. Da war wenig Spielraum für Phantasie. Altbauwände sind gnadenlos ehrlich!
SchlimmSchön ist das Abschiedsgefühl. Denn demgegenüber ist die Vorfreude auf den NEUbau riesengroß. Mit dicken Wänden statt Weissbrot, fetter Badewanne statt Getier und dem passenden Kaltgetränk in der Hand! Denn dann ist Anstoß … ähm Anprost!